„Alpha E“ oder Neubaustrecke: Kompromiss möglich?

Ist ein Kompromiss zwischen dem Land Niedersachsen einerseits und dem Bund und der Deutschen Bahn AG andererseits möglich, um den Konflikt um„Alpha E“und Neubaustrecke zu lösen? Der Parlamentarische Abend am 17. April 2023 zeigt erste Ansatzpunkte, aber keinen Durchbruch. Der regionale Nutzen einer Neubaustrecke könnte Anlass für eine Neubewertung der Neubaustrecke sein. Um die Ansätze für einen Kompromiss zu verstehen, muss man zwischen den Zeilen lesen und hören.

>Schienenprojekt Alpha-E: Lösung muss Mehrwert für Niedersachsen haben<

Das ist die Überschrift der Website der Landesregierung mit vollständigen Tondokumenten des Parlamentarischen Abends, den die Landesregierung am 17. April 2023 veranstaltete. Die Überschrift lässt aufhorchen: Was ist der Nutzen des dritten Gleises von Lüneburg nach Uelzen von „Alpha E“ für Niedersachsen? Betrachtet man die Argumente dafür, so bleibt nur die Zustimmung der Teilnehmer des „Projektbeirats Nord“ und der von ihr beeinflussten Teils der Öffentlichkeit sowie die Entlastung von Anrainern einer möglichen Neubaustrecke.

Zusatznutzen einer Neubaustrecke Hamburg – Hannover wird geprüft

Dies teilte der parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer in seinem Statement während des parlamentarischen Abends mit (im Tondokument Minute 11:30). Möglicherweise verzögert sich daher die Bekanntgabe einer Vorzugstrasse, die früher für dieses Frühjahr angekündigt war und noch vor der Sommerpause in die parlamentarische Beratung des Deutschen Bundestages kommen sollte.
Hintergrund ist dieses Dokument, das die Autoren dieser Website verantworten und das den Nutzen für Region und Güterverkehr aufzeigt, in der die Möglichkeiten aufgezeigt sind, wo und wie Zusatznutzen möglich ist.

Worin kann der Zusatznutzen einer Neubaustrecke Hamburg – Hannover für Niedersachsen bestehen?

Eine Neubaustrecke entlang der Autobahn 7 und der Bundesstraße 3 würde den höchsten Nutzen für Niedersachsen erbringen:

  • Verkürzung der Reisezeit Walsrode – Soltau – Hamburg um eine halbe Stunde.
  • Mehrere Regionalbahnhöfe entlang der Neubaustrecke mit einer völlig neuen Erschließungsqualität
  • Eine neue Verbindung Celle – Soltau – Bremen.
  • Mehr Kapazitäten für schnelle Reisezüge von Hannover nach Bremen und Wilhelmshaven durch Verlagerung von Güterzügen auf die Route Soltau – Celle – Lehrte.
  • Bessere Chancen für die Reaktivierung Lüneburg – Soltau.
  • Regionalbahnhöfe, z. B. in Egestorf und Bergen (Kreis Celle).

Wäre die Realisierung eines dritten Gleises Lüneburg – Uelzen ein geeigneter Zusatznutzen? Jein.

Die Deutsche Bahn plant in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium, wichtige Hauptstrecken bis 2030 mit Vollsperrung grundlegend zu sanieren. Der Korridor Hamburg – Hannover ist dabei für das Jahr 2026 vorgesehen. Dabei soll – so DB-Infrastrukturvorstand Huber – alle Elemente von „Alpha E“ realisiert werden, die sich in diesem Rahmen und zu diesem Zeitpunkt realisieren lassen.
Landesverkehrsminister Lies schlug vor, diese Vollsperrung auf 2028 zu verschieben, um die nötigen Genehmigungen für das dritte Gleis beibringen zu können.
Bewertung: Sobald die DB den eigenen Baugrund verlässt, müsste der Gesetzgeber die Beschleunigung durch Gesetz absichern. Es ist davon auszugehen, dass Gegner wie die Stadt Lüneburg und andere Anlieger alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen werden, um diesen Ausbau zu verhindern. Dass der Gesetzgeber ein Maßnahmengesetz erlässt, um das möglich zu machen, ist unwahrscheinlich. Dies gilt umso mehr, als ein positiver Nutzen-Kosten-Faktor für diesen Ausbau nicht feststellbar ist. Ohne ein solches Gesetz reicht die Zeit auch bis 2028 nicht.
Daneben ist der Plan der Vollsperrungen bereits sehr gut abgestimmt. Im Jahr 2028 soll die Vollsperrung Hamburg – Bremen möglich werden. Zum einen werden dann alle Züge Hamburg – Ruhrgebiet über Hannover fahren müssen, sodass dafür eine ertüchtigte Infrastruktur benötigt wird. Umgekehrt ist es wenig sinnvoll, zumal Hamburg – Bremen dreigleisig ist bzw. zwischen Harburg und Buchholz sogar vier Gleise vorhanden sind, sodass Instandhaltungen dort von 2026 bis 2028 viel leichter möglich sind. Weiter soll die Strecke Verden – Rotenburg auf zwei Gleise ausgebaut werden. Dies wäre ab 2028 möglich. Es wäre eine kluge Planung, diese Strecke ebenfalls zu sperren, um hierbei voranzukommen. So einfach wie Verkehrsminister Lies sich das vorstellt, kann man den Plan der DB nicht umkrempeln.

Wie geht es weiter?

Das ist Spekulation. Aber das klare „Nein“ zu einer längeren Fahrzeit als 31 Minuten zwischen Bielefeld und Hannover hat gezeigt, dass die Bundesregierung gewillt ist, den Deutschlandtakt-Zielfahrplan unverändert durchzusetzen. Theurers Statement zu „Alpha E“ war zwar konziliant, aber unmissverständlich. Es bleibt dem Land Niedersachsen nichts anderes übrig, als andere Kompromissformeln zu akzeptieren. Möglicherweise wird dies aufgrund des zu erwartenden Zorns der Bürgerinitiativen auch von der Landesregierung in Hannover nicht öffentlich verkündet.