Die Tricks von „Alpha E“

„Alpha E“ beruht auf mehreren Tricks, die dem Projekt jede Zukunftsfähigkeit nehmen. Das vom „Projektbeirat Alpha E“ nach wie vor vertretene ursprüngliche „Alpha E“ wird mit Behauptungen gestützt, die einer Nachprüfung nicht standhalten:
Die notwendige Kapazität für den Güterverkehr soll dadurch erreicht werden, dass Güterzüge auf andere Strecken umgeleitet werden sollen. Die Belastungsfähigkeit anderer Strecken ist aber unter den Bedingungen des Deutschlandtakts nicht gegeben.
Eine Fahrzeit, die einem integralen Taktfahrplan entspricht, ist nicht herstellbar.
Ein ausreichender Nutzen-Kosten-Faktor ist nur zu erreichen, indem hochprofitable Projekte, die mit der Kapazität Hamburg – Uelzen nicht verbunden sind, eingerechnet werden. Eine Neubaustrecke ist deutlich wirtschaftlicher als

„Alpha E“: Der Trick mit der Umleitung von Güterzügen

Herzstück des ursprünglichen Konzeptes Alpha-E waren „Umroutungen“, indem freie Kapazitäten auf Strecken außerhalb des Untersuchungsraumes Hamburg – Hannover gesucht und Verkehre dorthin verlagert werden sollten. So rückte die Strecke Hamburg – Büchen – Wittenberge – Stendal in den Fokus: Auf sie könnten nach Meinung der Alpha-E-Befürworter täglich 104 Güterzüge umgelegt werden, was den dreigleisigen Ausbau Lüneburg – Uelzen erspare. Dort reiche ein zusätzliches Überholgleis aus, um die „nur noch“ zu er-wartenden 348 Züge abzufahren. Dieser im Jahr 2015 mit 310 Zügen belegte Abschnitt der Strecke Hamburg – Berlin war bereits damals als „überlastet“ erklärt. Bereits im Rahmen der Erarbeitung einer Optimierung von Alpha-E wies der Gutachter BVU am 9. Oktober 2015 darauf hin, dass die im beleuchteten Umroutungen einer wirtschaftlichen Überprüfung nicht zugänglich waren: Zwar sei es denkbar, finanzielle An-reize wie die Angleichung von Trassenpreisen oder Erstattung von Betriebsführungskosten für die Nutzung der Strecke über Wittenberge zu schaffen, jedoch könne der Infrastrukturbetreiber den Eisenbahnverkehrs-unternehmen diesen Umweg nicht vorschreiben, welche Trassen sie in Anspruch nehmen. Quelle: Gustav Richard, Der Albtraum vom Alpha, GRV-Nachrichten 104, S. 15 ff.
In der Optimierung von Alpha-E wurde dann die Methode der Umleitung von Güterzügen „optimiert“:

  • Güterzüge, die nicht über Lüneburg geleitet werden können, sollten über Rotenburg – Verden – Nienburg nach Seelze fahren, hierfür sollte Rotenburg – Verden zweigleisig ausgebaut werden. Dadurch verlängert sich die Fahrtstrecke um etwa 20 km, die Werte differieren je nach Ziel etwas.
  • Da diese Züge auf die von Bremen her überlastete Strecke fahren sollen, sollten Güterzüge von Bremen Richtung Magdeburg über Soltau – Uelzen – Stendal geleitet werden, wofür die Elektrifizierung der Strecke Langwedel – Uelzen in das Alpha-E-Paket aufgenommen wurde.
  • Die Nachrechnung der Streckenlängen ergibt: Die Route Bremen – Magdeburg ist über Uelzen 80 km länger als über Verden – Nienburg.

Entfernungen mit Neubaustrecke zum Vergleich:
Eine Neubaustrecke in der Variante A7/B3 ist für Güterzüge zwischen Maschen und Lehrte kürzer als über Uelzen.
Die damit mögliche Führung von Güterzügen Bremen – Soltau – Celle – Lehrte ist etwa 15 km länger als über Nienburg – Seelze.

Alpha-E: Der Trick mit der Finanzierung

Um Investitionen haushaltsrechtlich zu rechtfertigen, muss der volkswirtschaftliche Nutzen höher sein als die Kosten. Sind die Kosten höher als der Nutzen, so darf das Projekt nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden. Für das ursprüngliche Alpha-E wurde ein Wert von 0,7 ermittelt. Erst für das „optimierte“ Alpha-E wurde ein Wert von 1,0 ermittelt. Es ist durchaus üblich, der mit weniger teuren Projekten zusammenzufassen. Bei Alpha-E wurde jedoch die Möglichkeit bis über die Grenze des Zulässigen ausgenutzt, indem Projekte zusammengerechnet wurden, die mit der Verbindung von Hamburg ins Hinterland nichts – nicht einmal indirekt – zu tun haben.
Die Beschreibung des Gesamtprojekts lautete in der Entwurfsfassung (Quelle)

MaßnahmetitelOptimiertes Alpha-E
TeilmaßnahmenABS Lüneburg – Uelzen, ABS Rotenburg – Verden, ABS Langwedel – Uelzen, ABS Verden – Nienburg – Wunstorf, ABS Celle – Lehrte, ABS Nienburg – Minden, Verbindungskurve Rotenburg
Maßnahmenbeschreibung– 3-gleisiger Ausbau Lüneburg – Uelzen – 2-gleisiger Ausbau Rotenburg – Verden – Elektrifizierung Langwedel – Uelzen – Blockverdichtung Verden – Nienburg – Wunstorf – Überholgleis Nienburg – Blockverdichtung Celle – Lehrte – Kreuzungsbahnhöfe Nienburg – Minden – Verbindungskurve EVB-DB bei Rotenburg

Die Nutzen-Kosten-Rechnung lieferte einen Wert von 0,6 (Quelle).
Da dieser Wert nicht ausreicht, wurde das Projekt ergänzt: (Quelle)

Projektnummer2-003-v03
Maßnahmetitel
TeilmaßnahmenABS/NBS Hamburg – Hannover, ABS Langwedel – Uelzen, ABS Rotenburg – Verden – Minden / Wunstorf, ABS Bremerhaven – Bremen – Langwedel
MaßnahmenbeschreibungErtüchtigung u. Elektrifizierung Langwedel – Uelzen, 9 Kreuzungsbahnhöfe, Vmax 80 km/h für SGV; Blockverdichtung Verden – Nienburg – Wunstorf u. Celle – Lehrte; Bf Nienburg: neues Überholgleis, mittiges Wendegleis für S-Bahn Bremen; 2 zusätzl. Kreuzungsbahnhöfe Nienburg – Minden; 3. Gleis Lüneburg – Uelzen; ABS Ashausen – Uelzen – Celle, Vmax 250/230 km/h (ggf. mit zusätzlichen fahrplanbasierten Maßnahmen zur Kapazitätserweiterung und Ortsumfahrungen); ABS Celle – Hannover-Vinnhorst, Vmax 230 km/h; Knoten Verden: Überwerfungsbauwerk zur Entkopplung der Verkehre aus Rotenburg u. Bremen, mittige Anbindung S-Bahn; 3. Gleis Langwedel – Bremen-Sebaldsbrück u. Bremen Rbf Abzw Bve – Bremen-Burg, Vmax 160 km/h; Blockverdichtung Stubben – Bremerhaven-Wulsdorf – Bremerhaven-Speckenbüttel; ABS Rotenburg – Verden (2. Gleis)

Die kursiv und fett gesetzten Maßnahmen sind nichts für die Führung des Verkehrs von Hamburg nach Süden nicht relevant. Wesentlicher Grund für das Erreichen des Nutzen-Kosten-Faktors von 1 war aber die Erhöhung der Verkürzung der Fahrzeit Hamburg – Hannover für den Fernverkehr.

Neubaustrecke ist wirtschaftlicher als das optimierte „Alpha E“

Aktuell steht im Bundesverkehrswegeplan eine diese Fassung (Quelle) und ist mit einem Nutzen-Kosten-Wert von 2,2 bewertet:

Projektnummer2-003-V01
MaßnahmetitelABS/NBS Hamburg / Bremerhaven – Hannover (Y-Trasse)
TeilmaßnahmenAus-/Neubau Hamburg / Bremen – Hannover, Ausbau Bremen – Bremerhaven
Maßnahmenbeschreibung2-gleisige NBS Königsmoor – Visselhövede Süd – Isernhagen, Vmax 250 km/h; 2. Gleis Langwedel – Visselhövede, Elektrifizierung, Vmax 160 km/h; 2-gleisige Verbindungskurve Visselhövede West – Visselhövede Süd; 4. Gleis Buchholz – Königsmoor, Vmax 200 km/h; 2-gleisige NBS Isernhagen – Megahub Lehrte Rbf für den Güterverkehr, Vmax 120 km/h; 3. Gleis Langwedel – Bremen-Sebaldsbrück und Bremen Rbf Abzw Bve – Bremen-Burg, Vmax 160 km/h; Blockverdichtung Stubben – Bremerhaven-Wulsdorf – Bremerhaven-Speckenbüttel

Damit dürfte die Entwicklung nicht abgeschlossen sein: Wenn eine Trasse A7/B3 den Vorzug erhält, muss die vorstehende Fassung erneut angepasst werden.