Entlastung für Hannover – Bremen

Eine Neubaustrecke Hamburg – Hannover kann die überlastete Verbindung Hannover – Bremen wirksam entlasten.

Die Bahnstrecke von Bremen über Verden, Nienburg und Wunstorf nach Hannover ist eines der größten Nadelöhre im Eisenbahnverkehr. Dies liegt daran, dass sie mit Ausnahme des Abschnitts Wunstorf – Hannover (den sie sich mit der ebenfalls überlasteten Strecke aus Bielefeld teilen muss) nur zweigleisig ausgebaut ist und eine Vielzahl an Fern-, Regional- und Güterzügen aufnehmen muss. Folgende Belastungen sieht der aktuelle Bundesverkehrswegeplan für das Jahr 2030 voraus (Link zum Projekt):

AbschnittGüterzüge gemäß BVWP 2030Personenzüge gemäß D-Takt (3. Entwurf)SummeGeplanter Ausbauzustand nach Alpha-E
Bremen Hbf - Achim239ca. 265ca. 504Dreigleisig
Achim - Langwedel239ca. 205ca. 444Dreigleisig
Langwedel - Verden (Aller)210ca. 170ca. 380Zweigleisig
Verden (Aller) - Nienburg (Weser)287ca. 100ca. 387Zweigleisig
Nienburg (Weser) - Wunstorf215ca. 140ca. 355Zweigleisig
Wunstorf - Hannover Hbf368ca. 260ca. 628Viergleisig

Angesichts dieser Zahlen leuchtet sofort ein, dass es nicht möglich sein wird, einen stabilen, störungsarmen Betrieb zu gewährleisten, wenn nicht doch eine erhebliche Entlastung eintritt. Ein Rechenbeispiel: Jeder Tag hat 24 × 60 = 1.440 Minuten. Bei 380 Zügen bedeutet das, dass alle 3,8 Minuten ein Zug verkehren muss bzw. bei zwei Gleisen alle 7,6 Minuten einer je Richtung – rund um die Uhr ohne Pause. Derartige Taktfrequenzen kommen selbst bei S-Bahnen nur auf Abschnitten inmitten einiger Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München vor, und hier fahren alle Züge gleich schnell auf den immergleichen Linien. Zwischen Bremen und Hannover fahren aber Regional-, Güter- und Fernzüge unterschiedlichster Reisegeschwindigkeiten. Hinzu kommt, dass die Abfertigung von Güterzügen in den großen Güterbahnhöfen, die für die allermeisten Güterzüge auf dieser Strecke verantwortlich zeichnen, niemals in einem exakten Takt erfolgt, sondern dann, wenn die Züge bereit und beladen sind. Es kommt also immer wieder zu Staus einerseits und zu Leerlaufphasen andererseits.

Alpha-E sieht für Bremen – Hannover einige Maßnahmen vor, die den Verkehr besser fließen lassen und die Kapazität gehöhen. Dazu erhört der dreigleisige Ausbau Bremen – Langwedel, eine Blockverdichtung und zusätzliche Überholgleise entlang der gesamten Strecke sowie Überwerfungsbauwerke in Langwedel, Verden und Nienburg. Diese sind angesichts des enormen Verkehrsaufkommens und -wachstums keineswegs ausreichend, zumal selbst der Alpha-E-Kompromiss dazu führt, dass weiterhin zu einigen Tageszeiten Streckenabschnitte planmäßig überlastet sein werden. Und Alpha-E berücksichtigt auch nicht die im Deutschlandtakt vorgesehenen Maßnahmen im Personenverkehr, die die planmäßige Überlastung der Strecke noch weiter erhöhen:

  • Verdichtung der Regio-S-Bahn zwischen Verden und Achim zum ganztägigen Halbstundentakt und zwischen Achim und Bremen Hbf zum ganztägigen Viertelstundentakt
  • Verdichtung der Regionalexpress-Leistungen zwischen Bremen und Hannover zum ganztägigen Halbstundentakt.

Es braucht also eindeutig eine über Alpha-E hinausgehende Entlastung der Strecke. Dazu trägt eine Neubaustrecke Hamburg – Hannover auch bei, indem sie Zugverkehr von der Verbindung über Verden und Nienburg abzieht. Das geschieht zum einen dadurch, dass mit ihr auch langsamere Güterzüge, die nicht 120 km/h schnell fahren können, auf der Altstrecke über Uelzen Platz hätten. Andererseits erhöht sich durch die Neubaustrecke die Redundanz, sodass bei Störungen zwischen Hamburg und Hannover immer nur entweder die Alt- oder die Neubaustrecke betroffen ist. Ein Teil der Züge kann also wie gewohnt fahren, und vom Rest kann ein Teil zudem auf die jeweils andere Strecke verlagert werden, statt über Nienburg und Verden zu verkehren wie heute üblich.

Darüber hinaus kann eine Neubaustrecke, die auf der Trasse B3 / A7 gebaut und nah an Celle und Soltau vorbeiführt, Güterzüge in der Relation nach Bremen aufnehmen. Eine Studie der Initiative Deutschlandtakt zu diesen Möglichkeiten finden Sie hier.

Dennoch bleiben die in Alpha-E für die Strecke Hannover – Bremen vorgesehenen Maßnahmen weiterhin sinnvoll, weil die Strecke in jedem Falle stark belastet bleiben wird. Zudem sollte überlegt werden, den Abschnitt Bremen – Langwedel nicht bloß drei-, sondern viergleisig auszubauen, wenn dies technisch realisierbar ist. Eine dreigleisige Strecke erhöht die Kapazität nur um ca. 30 % gegenüber einer zweigleisigen, weil das zusätzliche Gleis in beide Richtungen genutzt werden muss. Ein viergleisiger Ausbau bietet hingegen beinahe eine Verdopplung der Kapazität an. Bedenkt man, dass dieser Abschnitt zukünftig wesentlich mehr S-Bahnen und Regionalzüge aufnehmen muss und am wenigsten von einer Neubaustrecke entlastet wird, wird die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Ausbaumaßnahme umso deutlicher.