Wie ganz Deutschland vom Neubau profitiert

Eine Neubaustrecke bietet kürzere Fahrzeiten, mehr Pünktlichkeit, umweltgerechte Fortbewegung.

Bessere Bsfdisbsqualität = mehr Pünktlichkeit mit einer Neubaustrecke Hamburg – Hannover

Die Eisenbahnstrecke Hamburg – Hannover ist ein Nadelöhr, dessen Störungen sich auf ganz Deutschland auswirken. Kleine Betriebsstörungen beeinträchtigen den Verkehr noch in Hunderten Kilometern Entfernung. Es gibt zahlreiche alltäglichen Beispiele für solche an sich vernachlässigbaren Betriebsstörungen:

  • Ein Güterzug braucht zu lange, um ein Überholgleis zu erreichen; der nachfolgende ICE läuft auf ihn auf und muss stark abbremsen.
  • Ein Regionalzug muss wegen einer größeren Reisegruppe länger halten als fahrplanmäßig vorgesehen. Der im Blockabstand folgende Güterzug muss deswegen bremsen.
  • Ein Zug bleibt mit einem Getriebeschaden auf freier Strecke liegen und muss abgeschleppt werden. Ein längerer Abschnitt kann währenddessen nur eingleisig befahren werden.

Bei täglich mehreren hundert Zügen auf dieser Strecke kann man davon ausgehen, dass die ersten beiden Fälle jeden Tag mehrfach auftreten und auch der dritte Fall immer noch mindestens wöchentlich. Auf einer normal ausgelasteten Strecke wäre dies kein großes Problem, da genügend Reservekapazität vorhanden ist. Auf einer Strecke wie Hamburg – Hannover, die tagtäglich über ihrer eigentlichen Kapazitätsgrenze betrieben wird, gibt es den nicht. Jede kleine Störung pflanzt sich unerbittlich über viele Züge fort.

Eine ganz praktische Auswirkung, die alle Reisenden auf dieser Strecke spüren, sind die verlängerten regulären Fahrzeiten, in die aufgrund der Überlastung in den vergangenen Jahren immer mehr Puffer eingeplant wurden – sowohl im Fern- als auch im Regionalverkehr. Wer die Fahrpläne vergleicht, wird dies leicht feststellen. So kann es in Einzelfällen vorkommen, dass man mit zehn Minuten Verspätung in Hamburg abfährt und pünktlich in Hannover ankommt. Das funktioniert aber nur unter Idealbedingungen mit wenig Güterverkehr – etwa sonntagmorgens. In aller Regel verhält es sich aber genau umgekehrt.

Hamburg – Hannover ist einer der wichtigsten Produzenten von Verspätungen im deutschen Eisenbahnnetz. Diese führen an den ebenfalls hochbelasteten Endpunkten oft zu weiteren Problemen und verzögern Züge auf anderen Linien. Ohnehin besteht auf einer Fahrt zwischen Hamburg und Frankfurt kaum die Gelegenheit, die bis Hannover eingefahrene Verspätung wieder zu vermindern. Was man bis Fulda auf der recht freien Neubaustrecke herausholt, wird man durch ungeplante Konflikte mit dem dichten Regional- und Güterverkehr auf der Altstrecke hinter Fulda wieder verlieren. Dementsprechend gilt: Wer das Nadelöhr Hamburg – Hannover wirksam und dauerhaft beseitigt, wird die Betriebsstabilität und damit die Pünktlichkeit in ganz Deutschland verbessern.

Welche Vorteile bietet eine Neubaustrecke im Einzelnen?

Mehr Fahrten

Die Verlagerung des Fernverkehrs und eines Teils des Güterverkehrs auf eine Neubaustrecke schafft auf der Altstrecke erhebliche neue Kapazitäten. Ein einziger ICE, der sich nicht mehr über die Altstrecke quälen muss, macht drei, vier oder sogar fünf zusätzliche Trassen für Regional- und Güterzüge auf diesem Abschnitt frei. Der Deutschlandtakt nutzt das aus und sieht einen Halbstundentakt im Regionalverkehr zwischen Hamburg und Hannover über Lüneburg, Uelzen und Celle vor. Dabei handelt es sich um ein echtes Zusatzangebot, denn die bislang dort haltende Fernverkehrslinie soll auch weiterhin über die Altstrecke verkehren und die drei Mittelzentren im Takt mit ganz Deutschland verbinden.

Auch im Zulauf auf Hamburg und Hannover ergäben sich neue Kapazitäten. Hier sieht der aktuelle Entwurf des Deutschlandtakts leider außer dem halbstündlichen RE keine Verbesserungen vor. Die längst überfällige Verdichtung der Regionalbahn Hamburg – Lüneburg auf einen weiteren Halbstundentakt, eventuell sogar einen viertelstündlichen Verkehr bis Winsen, wäre aber problemlos möglich und müsste nur bestellt werden. Ebenfalls könnte zwischen Hannover und Celle eine neue S-Bahn-Linie über Langenhagen eingeführt werden, die auch ganz neue Halte zwischen Langenhagen und Celle bedienen könnte.

Im Fernverkehr schließlich kann das Angebot von jetzt zwei ICEs pro Stunde und Richtung auf drei bis vier stündliche ICEs ausgeweitet werden, so dass von Hamburg aus deutlich mehr Direktverbindungen möglich sind. Dadurch entstehen auf allen wichtigen Nord-Süd-Relationen mindestens zwei stündliche Fahrtmöglichkeiten. Im schnellen Regionalverkehr kann die Neubaustrecke ebenso mindestens stündlich befahren werden und durch zusätzliche Halte Soltau und weitere Orte in der Lüneburger Heide schneller mit den Oberzentren verbinden.

Kürzere Fahrzeiten

Durch eine Neubaustrecke müssen Züge weniger oft überholt werden. Dies hat teils erhebliche Auswirkungen auf die Fahrzeiten. Am stärksten betroffen ist nicht einmal der Fernverkehr: Die RE-Linie Hamburg – Uelzen – Hannover könnte laut Deutschlandtakt durch kürzere Zwischenhalte und den Verzicht auf betrieblich bedingten Umstieg in Uelzen um bis zu 30 Minuten schneller werden, ohne dass am Bestand etwas geändert werden müsste. Der Fernverkehr würde immerhin noch um 15 bis 20 Minuten beschleunigt, weil die neue Strecke schneller befahren werden kann, kürzer ist und zukünftig durch die verbessere Betriebsstabilität weniger Zeitpuffer benötigt werden.

Die schnelleren Fahrzeiten wirken sich nicht nur regional aus. Durch bessere Anschlüsse in Hamburg und Hannover im Regionalverkehr kann die gesamte Reisezeit verkürzt werden. Im Fernverkehr ist die Reduktion um eine gute Viertelstunde ein wichtiges Element der Beschleunigung der Relationen Hamburg – Frankfurt und Hamburg – München, um dem Flugverkehr hier paroli bieten zu können. Zusammen mit den ebenfalls geplanten Neubaustrecken Fulda – Hanau und Würzburg – Nürnberg sowie den restlichen Ausbauten zwischen Ingolstadt und München ergibt sich eine gesamte Beschleunigung von bis zu 60 Minuten. Die häufigeren Verbindungen verkürzen durch bessere Umstiege die Reisezeiten zusätzlich.

Das betrifft nicht nur einige wenige Relationen zwischen den großen Städten wie Hamburg – Bielefeld, sondern auch zahlreiche Verbindungen zwischen Mittelzentren. Als Beispiel sei hier Bad Bevensen – Stadthagen genannt: Stündlich kann man derzeit planmäßig (außer bei Bauarbeiten) um die Minute 48 dort abfahren, etwa um 13:48. Hannover Hbf erreicht man dann um 15:15, die S-Bahn in Richtung Minden fährt um 15:28 weiter, so dass man Stadthagen um 16:07 Uhr erreicht. Mit Neubaustrecke und Deutschlandtakt sieht die Verbindung gemäß 3. Gutachterentwurf so aus: Bad Bevensen ab 13:48, Hannover an 14:53. Umstieg in den Regionalexpress in Richtung Minden mit Abfahrt um 15:11 Uhr und Ankunft in Stadthagen um 15:36 Uhr. Man spart also in etwa eine halbe Stunde. Möglich wurde dies, weil die beiden Halte in Uelzen und Suderburg durch die Verlagerung des Fernverkehrs auf die Neubaustrecke erheblich verkürzt werden können, weil dort keine Überholungen mehr stattfinden müssen. Dadurch kann der frühere, schnellere Anschlusszug in Hannover erreicht werden.

Umweltfreundlichere Fortbewegung

Eine Neubaustrecke zwischen Hannover und Hamburg hätte auch verschiedene positive Auswirkungen auf die Umwelt. Zum einen tragen die sowohl im Fern- als auch im Regionalverkehr verkürzten Fahrzeiten dazu bei, Menschen auf die Schiene zu bringen, die sonst das Auto genutzt hätten. Der Marktanteil der Schiene zwischen Hamburg und Hannover wird sich stark erhöhen, wie andere Beispiele gezeigt haben. Dadurch entstehen weniger Emissionen bzw. weniger Ressourcenverbrauch, um die zahlreichen Autos überhaupt zu bauen.

Zum anderen verkürzt die Neubaustrecke den Weg zwischen Hamburg und Hannover erheblich. Weniger Fahrtstrecke bedeutet auch weniger Energieverbrauch im Vergleich zur Altstrecke. Diese wird weiterhin dadurch gesenkt, dass die verschiedenen Zugtypen voneinander getrennt werden und sich nicht gegenseitig behindern. Fährt man heute mit dem ICE über die Altstrecke, kommt es regelmäßig vor, dass außerplanmäßig gebremst und wieder beschleunigt werden muss. Das kostet nicht nur Fahrzeit, sondern vor allem auch Energie.

Detailliertere Überlegungen zum Energieverbrauch finden sich auf der Seite zur Neubaustrecke Hannover – Bielefeld.

Hätte man diese Vorteile mit einem viergleisigen Ausbau der Bestandsstrecke nicht auch?

Zunächst sei gesagt, dass auch mit dem jetzigen Alpha-E-Plan der Großteil der Strecke zweigleisig bliebe oder maximal auf drei Gleise ausgebaut würde. Bei zwei Gleisen lässt sich die Kapazität nur über eine bessere Betriebsführung mit kürzeren Blockabständen verwirklichen – das Potential ist arg begrenzt. Eine dreigleisige Strecke erhöht die Kapazität um ca. 20 – 30 Prozent, nicht mehr. Lediglich ein durchgehender viergleisiger Ausbau würde zu einer annähernd verdoppelten Kapazität führen, ist aber in keiner Planung vorgesehen.

In der Tat könnte man hierüber die geplanten zusätzlichen Züge auch abwickeln. Jedoch gäbe es einige entscheidende Nachteile:

  • Die Streckenlänge würde nicht verkürzt, zudem ist keine Fahrt mit 250 km/h möglich, und an den Knotenpunkten in Uelzen, Celle und Lüneburg muss weiterhin abgebremst werden. Diese können nicht für Durchfahrten mit 200 km/h ausgebaut werden. Eine Fahrzeitverkürzung ist deswegen nur sehr begrenzt möglich.
  • Die Energiebilanz verbessert sich auch nicht nennenswert gegenüber heute, weil mindestens an den besagten drei Bahnhöfen stark abgebremst werden muss und keine Einsparungen aufgrund kürzerer Streckenlänge möglich sind.
  • Die Fahrplanstabilität würde sich nicht wesentlich verbessern, denn sobald auf der dann viergleisigen Altstrecke ein Problem auftritt, betrifft dies meist alle Gleise. Als Beispiel sei hier eine kurzfristige Sperrung wegen Personen im Gleis genannt. Dann wird der Verkehr auf allen vier Gleisen angehalten. Bei getrennten Strecken könnte wenigstens eine von beiden reibungslos weiterbetrieben werden.
  • Schließlich würde es sehr viel länger dauern, die Altstrecke durchgehend viergleisig auszubauen, weil viel mehr auf den rollenden Verkehr, auf Verknüpfungen zur Altstrecke und auf Hindernisse, z.B. bestehende Bahnhöfe, Brücken Rücksicht genommen werden muss.

Ein viergleisiger Ausbau der Bestandsstrecke kommt daher nicht an den Nutzen einer echten Neubaustrecke heran, wird aufgrund des Raumwiderstands und der Streckenlänge sogar teurer und braucht wesentlich länger bis zur Fertigstellung. In dieser Zeit wird zudem die Bestandsstrecke nur eingeschränkt verfügbar sein; baubedingte Zugausfälle, Verspätungen und Fahrzeitverlängerungen werden für viele Jahre zur Tagesordnung gehören.